Die Orgeln von St. Marien
Ein kleiner Rundgang durch unserer Pfarrkirche St. Marien
Orgel und Kirchenmusik in der alten St.-Marien-Kirche
In der alten St.-Marien-Kirche stand seit 1857 eine Orgel, die der Hildesheimer Orgelbauer Georg Stahlhuth gebaut hatte. Der damalige Pfarrer Friedrich Müller hatte im Betsaal der „Kettenstrafanstalt“, in dem die ersten Gottesdienste der 1850 neu gegründeten katholischen Pfarrgemeinde St. Marien stattfanden, die Erfahrung gemacht, dass die dortige Orgel nicht genügte, um alle Mitglieder der Gottesdienst-Gemeinde dazu zu bringen, einheitlich zu singen; vielmehr störe ein Teil der Gemeinde „den Gesang ziemlich oft auf eine beklagenswerte Weise“. So schrieb er in einem Brief an das Bischöfliche Generalvikariat, in dem er um Geld für die Anschaffung einer Orgel für die katholische Kirche an der Wallstraße bat. Ohne Orgel müsse auf „einen würdevollen, der erhabenen Feier unserer hl. Mysterien entsprechenden Gemeindegesang“ verzichtet werden.
Daraufhin schloss das Generalvikariat mit Stahlhuth einen Vertrag über eine Orgel mit zwei Manualen und Pedal mit folgenden Registern:
- Manual: Principal 8’, Bordun 16’, Octave 4’, Octave 2’, Mixtur 2’, Trompete 8’
- Manual: Flute harmonique 8’, Salizional 8’, Flöte douce 4’
- Pedal: Principal 8’, Subbass 16’, Posaune 16’
Die alte Orgel – auch in der neuen Kirche
Diese Orgel kostete 1.200 Thaler in Courant [eine Umrechnung in € habe ich leider nicht gefunden] und wurde nach der Fertigstellung von J. Algermissen, einem Lehrer aus Hildesheim, geprüft. Als Organisten waren Lehrer der katholischen Schule tätig; neben ihrer Lehrtätigkeit waren diese vertraglich verpflichtet, bei den Gottesdiensten in der Kirche Orgel zu spielen.
Nach dem Neubau der St.-Marien-Kirche in der Friedenstraße wurde diese Orgel zunächst dort zehn Jahre lang weiter verwendet, jedoch wohl „mit einem gestutzten Werk“, wie es in einem Verwendungsnachweis des kath. Pfarramtes St. Marien vom 28. Februar 1974 über einen nicht rückzahlbaren Zuschuss in Höhe von 40.000 DM zur Neuanschaffung der Orgel heißt. Denn letztlich genügte die alte Orgel den Ansprüchen der größeren Kirche nicht mehr:
Eine neue Orgel musste her
Die im Jahre 1974 eingebaute Orgel stammt von der Orgelbaufirma Hermann Hillebrand, Altwarmbüchen, die bereits 1969 die Orgel in der Klosterkirche Lüne restauriert hatte. Verschiedene Entwürfe des Orgelprospekts hatten verworfen werden müssen, weil sie das große Fenster auf der Empore nicht einbezogen hatten. Schließlich wurden sozusagen „zwei Orgeln“ gebaut: das Hauptwerk und das Rückpositiv.
Der Gesamtaufwand für die neue Orgel betrug 148.260 DM. An Eigenmitteln wurden 43.710 DM aufgewendet, an Spenden waren über mehrere Jahre 64.550 DM zusammengekommen, was die Spendenfreudigkeit der St.-Marien-Gemeinde unterstreicht.
Beschreibung der heutigen Orgel
Die neue, heutige Orgel hat zwei Manuale und ein Pedal mit 25 klingenden Registern. Diese sind so verteilt, dass jedes Manual und das Pedalwerk in sich geschlossene Einheiten bilden und das Instrument mit seinem warmen Klang auch für Orgelkonzerte tauglich ist:
- Hauptwerk: Quintade 16’, Prinzipal 8’, Rohrflöte 8’, Oktave 4’, Koppelflöte 4’, Nasard 2 2/5’, Waldflöte 2’, Mixtur IV-VI, Trompete 8’
- Rückpositiv: Holzgedackt 8’, Prinzipal 4’, Blockflöte 4’, Oktave 2’, Quinte 1 1/5’, Sesquialter II, Scharf IV-V, Dulzian 16’, Krummhorn 8’, Tremulant
- Pedal: Subbass 16’, Prinzipal 8’, Gedacktbass 8’, Holzprinzipal 4’, Rauschbass III, Posaune 16’, Trompete 4’
Koppelungen von Rückpositiv und Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal sowie Hauptwerk und Pedal sind ebenso möglich wie eine Vorprogrammierung.
Die heutige Orgel – Erfahrungen
Einen imposanten Eindruck von der geglückten Disposition der Orgel vermittelte der damalige Organist von St. Johannis Lüneburg, Prof. Volker Gwinner, der zur Orgel-Einweihung am 23. Juni 1974 versammelten Zuhörerschaft: Sein meisterhaftes Spiel ließ an diesem „Festtag für Lüneburgs St.-Marien-Kirche“, wie die Landeszeitung titelte, die Zuhörer die ganze Klangschönheit dieses Instruments erleben. Pfarrer Schwarzenburg dankte der Gemeinde für ihre Opferwilligkeit und sprach den Wunsch aus, der Klang dieser neuen „Königin der Instrumente“ möge „Geist und Herz der Menschen öffnen für das Wesentliche, für das Absolute zum Lobe Gottes“ (Landeszeitung vom Dienstag, 25. Juni 1974, S. 7.).
Im letzten Quartal 1990 und gegen Ende des Jubiläumsjahres 2000 wurde die Orgel jeweils renoviert durch die Orgelbauwerkstätten G. Christian Lobback, Neuendeich.
Orgel und Kirchenmusik heute
Die später und z.T. heute noch mitspielenden Organistinnen und Organisten waren bzw. sind musikalisch entsprechend ausgebildete Mitglieder unserer Kirchengemeinde, die diese Dienste neben- oder ehrenamtlich ausübten / ausüben.
Zum ersten Mal in der mehr als 160-jährigen Geschichte unserer Gemeinde ist im Jahr 2010 eine offizielle Stelle für eine/n Kirchenmusiker/in geschaffen worden. Seit Oktober 2010 ist Frau Cordula Weidelt nebenberuflich als Kirchenmusikerin in unserer Gemeinde tätig. Sie spielt u.a. in Messen die Orgel, leitet den Kirchenchor und ist für die Organisation unseres kirchenmusikalischen Programms (s.a. Konzerte) verantwortlich. Neue Geistliche Lieder singt der Basileia-Chor.
Die kleine Orgel in der Marien-Kapelle
In der neu gestalteten Marienkapelle steht eine weitere, kleine Orgel mit drei Registern (Holzgedackt 8’, Rohrflöte 4’, Principal 2’). Sie wurde von der Firma „Werkstätte für Orgelbau Werner Bosch“ gebaut. Dieses kleine Orgelpositiv gehörte der Familie Rudolph. Diese schenkte die Orgel der Kirchengemeinde St. Marien für die Kirche, in der sie seit Januar 2011 bei Gottesdiensten in der Kapelle erklingt.
Bilder unserer Orgeln finden Sie hier.