Die Rose
Kleiner Exkurs zur Symbolik der Rose und ihrer Bedeutung in Antike, Mittelalter und Neuzeit
Die Rose – einleitende Gedanken
Die Rose hat die Menschen wegen ihrer Schönheit und ihres Duftes seit jeher fasziniert. Seit dem Altertum haben Menschen die Rose als Sinnbild von Liebe, Freude und Jugendfrische gesehen. Sie war den entsprechenden griechischen, römischen oder germanischen Gottheiten geweiht, konnte aber auch mit dem Tod verbunden werden.
Von vielen Menschen heute wird die rote Rose gewiss fast ausschließlich als ein Symbol der Liebe, der Verehrung und der Huldigung verstanden.
Wegen ihrer Dornen versinnbildlicht sie aber auch den Liebesschmerz, wegen ihrer welkenden Kronblätter wird sie auch mit Vergänglichkeit und Tod in Zusammenhang gebracht.
Die Rose in christlicher Theologie und Spiritualität
In der christlichen Theologie und Spiritualität findet sich ein breites Spektrum: Schon in den Grabnischen der Katakomben in Rom findet man Rosenranken, die ein aus dem Tod erblühendes ewiges Leben versinnbildlichen sollen. Seit dem 5. Jahrhundert wurde die Rose als die Königin der Blumen ganz allmählich ein bevorzugtes, aber nie ausschließliches Symbol für Maria als Königin des Himmels und der Erde; dann wird Maria auch „Rose ohne Dornen“ genannt. Der Rosenkranz ist eine im Christentum weit verbreitete Gebetskette, aber auch Bezeichnung für das zugehörige Gebet, das sich v.a. über Maria an Gott wendet.
Die heilige Mechthild von Magdeburg, eine der bedeutendsten Mystikerinnen Deutschlands, nennt demgegenüber Jesus Christus die „edel rose“. Die goldene Rose kann in der Kunst auch ein Symbol Jesu Christi sein: Die goldene Farbe weist auf seine Auferstehung hin, die Dornen auf seine Passion.
Die Rose ist im Christentum weiterhin Sinnbild des Paradieses und der Hoffnung auf Auferstehung, kommt aber auch als Attribut von Heiligen und Märtyrern vor. Bei der heiligen Elisabeth steht sie beispielsweise als Zeichen für die Geschenke, die sie an die Armen verteilte. Die weiße Rose galt darüber hinaus als Symbol der Verschwiegenheit, weshalb viele Beichtstühle mit geschnitzten Rosen verziert waren.
Die Rose wurde von jeher aber auch als Sinnbild für die Entfaltung der Seele verstanden – die Volksüberlieferung kennt die Rose beispielsweise in den Grimm'schen Märchen „Dornröschen“ oder „Schneeweißchen und Rosenrot“.
Sie war aber immer auch Symbol des Universums, der Ganzheit, der Vollkommenheit, der höheren geistigen Weltordnung und auch des Zentrums des Lebens: Die riesigen Rosen der Fensterrosetten in den gotischen Kathedralen beispielsweise symbolisieren die Welt des Heils, die unserem verlorenen Menschengeschlecht von Gott durch das Alte und Neue Testament angeboten und geoffenbart wurde; hier steht die Rose auch für die sich nach allen Seiten verbreitende Liebe Gottes.
Wenn Rosen dargestellt werden, ist immer mehr gemeint als das Sichtbare allein. So sagt der Künstler Josef Baron, der viele Kunstwerke unserer St.-Marien-Kirche geschaffen hat: „Die Rose entfaltet einen so großen Duft, dass sie sinnfällig wird für das Himmelreich.“
Der 1000-jährige Rosenstock – die „Hildesheimer Rose“
Um die Entstehung des tausendjährigen Rosenstocks zu Hildesheim, der sich hinter dem Chor des Mariendoms befindet, ranken sich viele Geschichten. Nach einer Variante der Legende hatte Kaiser Ludwig der Fromme auf der Jagd nahe Elze im tiefen Wald zunächst sein Pferd verloren und war dann seinerseits verloren, weil er sich zu weit von seiner Dienerschaft entfernt hatte. Mit seinem Brustkreuz in den Händen betete er inbrünstig.
Als er aufwachte, soll sein Kreuz in den Zweigen eines blühenden Rosenstrauches gehangen haben, von dem es sich nicht mehr entfernen ließ. Der Kaiser sah dies als Zeichen Gottes und gelobte den Bau einer Marienkapelle; bald wurde er von seiner Dienerschaft gefunden. Nach dem Bau der Kapelle, aus der später der Mariendom werden sollte, wurde der Strauch an der Chorwand aufgebunden.
Die Gründung des Bistums von Hildesheim geht in die Zeit Kaiser Ludwigs des Frommen zurück, der von 813-840 Kaiser war.